Sicherheits-Experten im InterviewDie 15 häufigsten Fragen von Eltern zur Sicherheit auf dem Fahrrad

Woran erkennt man einen guten Kinderfahrradhelm, wie sicher ist ein Fahrradanhänger und darf man Kinder auf dem Gepäckträger mitnehmen? Antworten auf diese und mehr Fragen von Eltern in der KidsAway-Community geben anerkannte Fahrradexperten.

von KidsAway-Redaktion

Seite 2/3 Sicherheitsfragen zu Kinderfahrradanhängern und Fahrradkindersitzen

6) Ab welchem Alter ist das Fahren im Kinderfahrradanhänger empfehlenswert?

Sicherheit wird rund ums Radfahren großgeschrieben  © Pixabay

Sicherheit wird rund ums Radfahren großgeschrieben

© Pixabay

Polizeihauptkommissar M. Joerchel: „Der Transport von Babys im Fahrradanhänger sollte mit dem betreuenden Kinderarzt abgesprochen werden.

Die Anhänger-“philosophen“ haben noch vor 10 bis 15 Jahren die Meinung vertreten, dass die Kinder nicht zu jung sein sollten, dass sie wissen sollten, was mit ihnen passiert. Man dachte an einen Einstieg zwischen 12 und 15 Monaten.

Heute gibt es aber Babyschalen bzw. -sitze, die bei den Kunden den Eindruck hervorrufen, man könnte schon zwei oder drei Monate alte Babys hiermit transportieren.

Ich persönlich vertrete die (vielleicht etwas konservative) Meinung, dass ein Kind fest sitzen können sollte, was in der Regel ab acht oder neun Monaten der Fall sein dürfte.“

 

7) Was ist sicherer, ein Fahrradsitz oder ein Fahrradanhänger?

Polizeihauptkommissar M. Joerchel: „Aus praktischer Sicht sprechen gute Gründe für den Einsatz beider Sitzmöglichkeiten. Aus Sicht der Verkehrssicherheit kann man sich auf YouTube diesen sehr informativen Crashtest des Allianz Zentrums für Technik anschauen.“

Im Jahr 1996 ist das Allianz Zentrum für Technik der Frage nachgegangen, wie sich Kinderfahrradsitze und Fahrradanhänger bei einem Unfall mit einem Pkw verhalten. Die Crash-Versuche wurden mit Geschwindigkeiten bis 20 km/h durchgeführt.

Das Ergebnis: Radfahrer prallen häufig gegen abbiegende Fahrzeuge oder sich öffnende Türen. Fahrradkindersitze am Lenker bieten hier wenig Sicherheit, da sie sich in der unmittelbaren Aufprallzone befinden. In ungünstigen Fällen erleiden Kinder dabei Verletzungen im Nacken oder im Gesicht. Im Fahrradanhänger sind sie bei dieser Art von Unfällen besser geschützt, weil sie sich nicht im unmittelbaren Gefahrenbereich befinden. Selbst wenn der Radfahrer stürzt, wird der Anhänger kinematisch nicht beeinflusst.

Auch bei direkten Aufprallunfällen sind Kinder im Fahrradanhänger besser aufgehoben. Stabile Fahrradanhänger werden durch Autos nicht überrollt, sondern nur weggeschoben. Instabile Anhänger können sich allerdings verformen oder umkippen.

Aus Sicht der Unfallforschung ist also das sicherste Transportmittel für Kinder ein Fahrradanhänger mit folgenden Eigenschaften:

  • stabiler Rahmen mit niedrigem Schwerpunkt
  • große Spurweite mit negativem Radsturz
  • Schutz gegen Radeingriff
  • integrierter Überschlagschutz
  • stabile Kupplung zur Kraftübertragung
  • gute Erkennbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer
  • Beleuchtung nach StVO sowie
  • separate Hosenträgergurte für jedes Kind

 

8) Unsere Tagesmutter setzt die Kinder in ein Lastenfahrrad, die Kleinen sitzen dann vor dem Lenker in einer Art Kiste. Ist das wirklich sicher?

Ausdrücklich gesetzlich verboten sind Lastenfahrräder zum Transport von Kindern nicht – nach § 21 StVO müssen Kinder auf Fahrrädern auf „besonderen Sitzen“ gesichert werden und es muss sichergestellt sein, dass die Füße nicht in die Speichen der Räder geraten. Die teuren skandinavischen und niederländischen Modelle gewährleisten das. Sie sind sogar mit Beckengurten, festen Rahmen und einer Lichtanlage ausgestattet, und mit ihren drei Rädern ziemlich kippsicher.

H. Paulus, ADAC Fahrzeugtechnik, gibt aber zu bedenken: „Es gibt unseres Wissens bisher keine Crashtests mit Lastenrädern. Wir empfehlen getestete Kinderfahrradanhänger oder Kindersitze hinter dem Fahrradfahrer, außerdem Fahrradhelme auch für das Kind.“

 

9) Meine Mutter hat einen ganz alten Kinderfahrradsitz. Sollte sie den noch für ihren Enkel benutzen?

Was müssen Eltern beim Fahrradfahren beachten? © Pixabay

Was müssen Eltern beim Fahrradfahren beachten?

© Pixabay

Polizeihauptkommissar M. Joerchel: „Sitze, die am Lenker befestigt werden, sind seit 1980 nicht mehr zugelassen. Die alten Korbgeflecht-Sitze verfügten auch nicht über die notwendigen Fußrasten. Durch die herunterbaumelnden Beine des Kindes wird, wie ich leider einige Male beobachten konnte, die Lenkfähigkeit des Rades enorm eingeschränkt.

Auch abgesehen davon sollte man bei alten Fahrradkindersitzen vorsichtig sein. Nach einer gewissen Zeit verflüchtigen sich aus den Kunststoffteilen die sogenannten Weichmacher, das Material verliert seine Elastizität und kann brechen.

Zudem fallen Räder mit Kindersitz häufig um, weil der Schwerpunkt für den Fahrradhauptständer verändert wird. Diese „Umfaller“ schaden auf Dauer dem Sitz, auch wenn dabei kein Kind darin sitzt. Ein permanentes Weitergeben von Sitzen innerhalb einer größeren Familie oder Bekanntenkreis über teilweise mehrere Jahrzehnte halte ich für bedenklich.“

 

10) Mein Kind wehrt sich total gegen die „Fuß-Fesseln“ im Fahrradsitz. Müssen die Füße unbedingt festgeschnallt sein?

Polizeihauptkommissar M. Joerchel: „Der Fahrzeugführer muss Sorge dafür tragen, dass die Füße des Kindes auf keinen Fall in die Speichen geraten. Man kann natürlich auch die Räder entsprechend verkleiden. Dennoch spricht vieles dafür, die Fußsicherungen zu nutzen: Strampelnde Kinder beeinflussen den Fahrer stark im Fahrverhalten, und bei einem Sturz könnten die nicht festgeschnallten Beine aus dem Schutzbereich der Sitzschale herausgeraten, was zu unnötigen Verletzungen führen würde.

Schaut man sich Crash-Tests an, versteht man, dass beim Radfahren alle Körperteile möglichst in der Schutz bietenden Sitzschale bleiben müssen. Die Kinder müssen das einfach akzeptieren. Vielleicht hilft es ja schon, wenn man die Fuß-Sicherung nicht so fest macht, dass sich diese wie Fesseln anfühlen?“


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