ReiserechtSicherheit auf Reisen: von Stornierung, Reiserücktritt und „höherer Gewalt“
Der Umbruch in der arabischen Welt verunsichert auch hierzulande viele Menschen – nicht zuletzt, weil Reisen in beliebte Urlaubsländer nun schnell gefährlich werden können. Die wichtigsten Fragen zum Reiserecht.
von KidsAway-Redaktion
Fall 1: Vulkanausbruch in Island: höhere Gewalt
Das Frühjahr 2010 ist vielen noch in Erinnerung: Der isländische Vulkan Eyjafjalla hatte mit seiner Aschewolke den internationalen Flugverkehr lahmgelegt. Tausende Reisende konnten nicht wie geplant fliegen, mussten ihren Aufenthalt vor Ort verlängern und für zusätzliche Unterkunft und Verpflegung bezahlen. Das Reiserecht spricht hier von „höherer Gewalt“.

Gerichtlich anerkannte Gründe höherer Gewalt gemäß § 651 j BGB sind medizinische Gewalt (also Seuchen und Epidemien, aber auch eigene Erkrankungen oder Todesfälle in der Familie), soziale Gewalt (Kriege, Terroranschläge, aber auch unerwarteter Verlust des Arbeitsplatzes oder Nichterhalt eines beantragten Visums) und Naturgewalten (Erdrutsche, Vulkanausbrüche, Flutwellen, Stürme, Hitzewellen, aber auch Algenpest im Meer oder Smog).
Generell schlechtes Wetter, ansteckende Krankheiten oder Demonstrationen zählen dagegen zum „allgemeinen Lebensrisiko“ und müssen hingenommen werden.
Die Airlines sind in solchen Fällen verpflichtet, den Passagieren die Kosten für ausgefallene Flüge zu erstatten. Die meisten boten stattdessen Ersatzflüge an, diese mussten jedoch nicht angenommen werden.

Wenn Flüge annuliert werden, haben Passagiere Rechte
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Kritisch wurde es, als die Airlines nach einigen Tagen den Flugverkehr wieder aufnahmen – und die Piloten dazu anwiesen, „auf Sicht“ zu fliegen. Passagiere, denen das zu riskant erschien, konnten das ablehnen – aber ob eine Umbuchung oder Stornierung des Fluges dann kostenfrei gewesen wäre, ist bisher gesetzlich nicht geregelt. Immerhin waren die Airlines ihrer Pflicht nachgekommen, dem Fluggast einen alternativen Flug anzubieten. (Die meisten regelten diese Dinge kulant.)
Ganz schlecht war die Lage in solchen Fällen für Individualreisende: Hatte man zum Beispiel ein Ferienhaus gebucht, das man wegen ausfallender Flüge dann nicht erreichen konnte, musste man trotzdem den vollen Reisepreis dafür zahlen. Der Vulkanausbruch war ein Ereignis höherer Gewalt, das nicht im Verschulden des Ferienhausbesitzers lag – daher war diesem auch nicht die Übernahme des Schadens zuzumuten.
(Quelle: RA Steffan Schwerin, Reiserechts-Experte aus Jena)
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