Kinderreiche FamilienAus dem Leben einer Großfamilie: Reisen mit vier Kindern
Urlaub mit vier kleinen Kindern - das ist genauso anstrengend, wie es klingt. Eine reisefreudige Mutter berichtet im KidsAway-Interview von den Herausforderungen des Reisens für kinderreiche Familien und gibt wertvolle Tipps.
von KidsAway-Redaktion
Familien mit vielen Kindern haben im Urlaub viel Stress - aber auch viel Freude
© BeTa-Artworks - Fotolia.com
KidsAway: Kerstin, welche Bedeutung hat Reisen für euer Leben und eure Familie?
Kerstin: Ich möchte unseren Kindern zeigen, wie bunt die Welt ist und möchte sie zu freundlichen, offenen kleinen Menschen erziehen. Ich denke, dass Reisen einen guten und wichtigen Teil dazu beitragen.
Urlaube sind für uns als Familie sehr wichtig: Wir können dem Alltag entfliehen und lernen gleichzeitig fremde Regionen kennen. Auch und gerade die Kleinen kommen ja aus dem Staunen kaum heraus, wenn sie zum ersten Mal das Meer sehen oder die Alpen („Die großen Berge gehen ja bis in den Himmel, Mama!“).
Das Reisen mit so vielen Kindern ist sicherlich nicht unkompliziert – welche Reiseziele bevorzugt ihr denn?
Da unser Alltag mit vier Kindern sehr anstrengend ist, möchten wir im Urlaub vor allem entspannen; das heißt, wir wollen uns gern verwöhnen lassen, nicht selbst kochen müssen und an einem riesengroßen Buffet aus vielen leckeren Speisen auswählen (unsere Kinder würden täglich Pfannkuchen wählen – dürfen sie!).
Früher, als wir noch kinderlos waren, haben wir häufig übers Wochenende spontane Städtetouren und Urlaub im europäischen Ausland gemacht. Heute gehen wir es konservativer an – bisher waren wir mit den Kleinen nur in Deutschland im Urlaub. 2011 waren wir mit drei Kindern und der Oma im Center Parc Nordseeküste, 2012 waren wir ganz im Süden im Kinderhotel Oberjoch.
Dieses Jahr geht es das erste Mal mit vier Kindern los und dann auch noch das erste Mal weg aus Deutschland. Ich bin sehr gespannt auf Italien!
Wie verändert sich das Reisen mit wachsender Kinderzahl?
Alle zusammen - so macht Urlaub Spaß!
© Jasmin-Merdan - Fotolia.com
Und dann hat es natürlich auch finanzielle Gründe: In Kinderhotels sind nicht etwa die Kosten der Erwachsenen am höchsten, sondern die Übernachtungspreise für den Nachwuchs.
Ansonsten sind wir immer offen für Neues: Wir sind zum Beispiel eigentlich begeisterte Autofahrer, aber 2011 sind wir mit dem Zug an die Küste gefahren. Für die 800 Kilometer fanden wir die Bahn richtig klasse: Unser drei Monate altes Mädchen konnte schlafen, die Jungs waren abgelenkt und kamen gerade an den Bahnhöfen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Keiner quengelte, wann wir endlich ankommen; stattdessen spielten sie, lasen und unterhielten die Mitreisenden. Die Stunden vergingen wie im Flug und wir freuten uns schon bei der Ankunft auf die Heimreise.
Die Strecke nach Oberjoch sind wir allerdings lieber mit dem Auto gefahren, weil drei bis vier Stunden für die Kinder und auch für mich (damals schwanger) vertretbar schienen. Das war dann wiederum praktischer, weil wir mehr mitnehmen konnten. Als wir mit der Bahn unterwegs waren, haben wir unsere Koffer mit dem Paketdienst verschickt, das war zwar bequem, aber wir waren doch eingeschränkt.
Je mehr Personen eine Familie zählt, desto wichtiger wird die geschickte Wahl des Transportmittels. Da Flugtickets auch für Kinder ab zwei Jahren empfindlich teuer sind, empfiehlt sich für kinderreiche Familien das eigene Auto – das man sowieso bereits hat – oder die Bahn. Hier reisen die eigenen Kinder bis 15 Jahre nämlich kostenlos mit.
Noch preiswerter und mit älteren Kindern ein großes Vergnügen ist eine Radtour – hier haben Großfamilien den Vorteil, dass sie ihr Gepäck auf mehr Fahrräder verteilen können!
Wie organisiert ihr euren Urlaub – von der Buchung bis zur Abfahrt?
Koffer packen ist bei uns eine Tagesaufgabe, die sich auch bis in die Nacht erstrecken kann, wenn die Kinder dabei helfen wollen. Die meisten Familien kennen das sicher: Die Kinder brauchen einen größeren Koffer als die Eltern. Bei uns führte das letztes Jahr dazu, dass wir Eltern uns einen Koffer teilten, während jedes der Kinder einen eigenen hatte.
Obwohl immer eine ganze Menge zu organisieren ist, sind wir in den letzten beiden Jahren immer relativ spontan in den Urlaub gefahren. Weil die Kinder noch so jung sind, können wir gut die Nebensaison nutzen und müssen noch keine Schulferien beachten.
Unsere Reisen buchen wir meist online. Ich denke, ein Reisebüro hätte wenig Freude an zerkauten Urlaubskatalogen und wahrscheinlich gefällt es dort auch niemandem, wenn eine fast 2-Jährige mit der aufblasbaren Plastikpalme herumtanzt und „Backe, backe, Kuchen“ singt.
Welche Erfahrungen habt ihr als Großfamilie mit Hotelanbietern und Reiseveranstaltern gemacht?
Zum Glück erkennt die Reisebranche langsam, dass es tatsächlich Familien mit mehr als 1,5 Kindern in Deutschland gibt, daher sind recht viele Angebote auch für uns als kinderreiche Familie geeignet.
Dies vorausgeschickt, muss ich aber sagen: Die Auswahl an Unterkünften für Familien mit mehr als zwei Kindern ist nicht wirklich groß. Noch bleibt nicht viel mehr als die Wahl zwischen Mobilheim und Ferienwohnung oder -haus. Hotels haben meist keine Zimmer mit Zwischentüren und normale Zimmer sind zu klein für uns sechs.
Oft sind es auch die Kleinigkeiten, die uns zu schaffen machen. Letztes Jahr waren wir zum Beispiel in einem Kinderhotel. Der Urlaub war wirklich klasse, aber die Essenssituation war alles andere als entspannend: Am Buffet war Selbstbedienung, es gab aber keine Tabletts. Also mussten wir pro Mahlzeit zehnmal hin- und herlaufen, um drei Kinder und zwei Erwachsene mit Tellern, Schüsseln und Gläsern zu versorgen.
Nachteil: Die tägliche Versorgung der Großfamilie fällt wie zu Hause an, keine wirkliche Erholung für die Eltern also. Wer gemeinsam mit anderen Familien reist, kann sich die lästige Arbeit wenigstens teilen!
Was sind eure wichtigsten Tipps für Reisen mit vielen Kindern?
Familien mit vielen Kindern wollen auch reisen - die Veranstalter haben es erkannt
© philippe Devanne - Fotolia.com
Seit unserem Urlaub 2010 habe ich außerdem immer einen Zehnerpack Steckdosen-Schutzkappen dabei, das führt erfahrungsgemäß zu einem entspannte(re)n Aufenthalt im Ferienhaus.
Und unser Geheimtipp: die Oma mitnehmen! Sie kommt auch dieses Jahr wieder mit.
Von welcher Reise träumt ihr?
Das Traumreiseziel meines Mannes ist Australien, was aber weniger an seinen Kindern scheitert als an der Frau, die ungern in Flugzeuge steigt. Unser 4-Jähriger würde gerne nach San Marino fliegen, der 3-Jährige sucht auf dem Globus nach wie vor San Männchen.
Und ich? So sehr ich unsere Kinder liebe, träume ich doch ab und zu von einem Wellnesswochenende nur mit meinem Mann und ohne den Nachwuchs. Bis dahin werden aber sicher noch ein paar Jahre ins Land ziehen (außer jemand hier würde sich spontan bereit erklären, vier Kinder zu betreuen).
Wer nichts dagegen hat, dass unsere Tochter mit Plastikpalmen tanzt, darf uns gern einladen und beweisen, dass sein Hotel oder seine Anlage für Familien mit Babys und kleinen Kindern gut ausgestattet ist! Wir machen die Probe aufs Exempel. Gibt es dazu noch eine Rund-um-die-Uhr-Kinderbetreuung und einen Wellnessbereich für Mama und Papa, sind wir wunschlos glücklich. Und zur Not bringe ich den Steckdosenschutz auch selbst mit.
Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen euch noch viele schöne Reisen zu sechst und hoffen, dass sich ein Reiseveranstalter auf euren Aufruf meldet!
Über 70 gemeinnützige Familienferienstätten bieten in Deutschland günstige Unterkünfte für kinderreiche Familien, Großfamilien und Reisegruppen an. Auf der Website „Urlaub mit der Familie“ könnt ihr euer Traum-Ferienhaus suchen und auch gleich ausrechnen, ob eure Familie vielleicht sogar einen individuellen Zuschuss für die Reise beantragen kann. Andere Anbieter sind die Kirchen, der Paritätische Wohlfahrtsverband oder das Deutsche Erholungswerk e. V.