Eltern berichtenVon Schweden in die Welt: Unser Sohn fliegt allein
”Unaccompanied minors” heißen im Flugjargon die Kinder, die ohne Begleitung ihrer Eltern fliegen. Wir haben einen Papa nach seinen Erfahrungen mit diesem Service gefragt.
von KidsAway-Redaktion
Allein zu den Großeltern fliegen - kein Problem für diesen jungen Mann
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Seit wann schickt ihr euren Sohn schon allein mit dem Flugzeug um die Welt?
Hartmut: Bisher haben wir ihn ja noch nicht um die Welt geschickt, sondern nur zu den Großeltern nach Deutschland bzw. auf Urlaub zusammen mit den Großeltern zur Tante nach Mallorca. Zum ersten Mal alleine flog er in unseren Skiferien, ein paar Monate vor seinem neunten Geburtstag.
Wie war das beim ersten Mal, wer war aufgeregter?
Der Abschied fällt vor allem den Eltern schwer...
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Bei seinem zweiten Flug bekamen wir ca. eine halbe Stunde nach Abflug einen Anruf von unserem Flughafen, da schlug das Herz erstmal direkt schneller. Aber zum Glück hatte ich nur meine Kreditkarte im Parkautomaten am Flughafen vergessen und Dank der Unterlagen, die sie über den Flug unseres Sohnes hatten, konnten sie so schnell Kontakt zu uns aufnehmen.
Was habt ihr inzwischen für Tricks gelernt?
Lieber einen Flug mit früher Abflugzeit buchen, auch wenn man dann vielleicht unter Umständen sehr früh aufstehen muss. Ist aber definitiv besser, als wenn das Kind spätabends völlig übermüdet an seinem Ziel ankommt. Außerdem erhöht das bei eventuellen Verspätungen die Chance, dass es auch wirklich am Ziel ankommt.
Direktflüge sind natürlich Flügen mit Umsteigen vorzuziehen. Für uns ist das aber eigentlich nicht möglich. Wir starten auf einem kleinen Flughafen in Schweden und müssen immer entweder in Amsterdam oder in Kopenhagen umsteigen. Beim ersten Alleinflug buchten wir den Abendflug mit Ankunft in Deutschland um 22:30 Uhr. Das war natürlich nicht so prickelnd, da unser Sohn völlig erschöpft und übermüdet bei den Großeltern ankam.
Außerdem hatten wir Angst, dass er bei einer Verspätung vielleicht nicht in Amsterdam weiterkommnen würde… was wäre dann? Übernachten im Hotel, allein, mit acht Jahren? Daran wollten wir lieber gar nicht denken. Zum Glück ging alles gut! Inzwischen buchen wir nur noch den Morgenflug oder, falls verfügbar, den Nachmittagsflug.
Außerdem sollte immer etwas Essbares im Handgepäck des Kindes sein, und natürlich auch Bargeld. Der Service ist ja heutzutage zumindest auf den kürzeren Strecken eher minimal, selbst für alleinreisende Kinder werden da keine Ausnahmen gemacht.
Je nach Temperament des Kindes sollte man ihm wirklich klar machen, dass es sich an die jeweilige Person halten muss, die gerade für es zuständig ist. Unser Sohn hat zu seinem ersten Flug ein gebrauchtes Handy von uns bekommen, mit dem er uns im Notfall hätte erreichen können (und natürlich umgekehrt).
Gibt es beim unbegleiteten Fliegen Unterschiede zwischen den Airlines?
Wir können nur SAS und KLM miteinander vergleichen. Preislich liegen sie ungefähr gleich, was die Gebühr für den Begleitservice anbelangt. Der Vorteil für unseren Sohn ist bei SAS, dass er sich dort leichter verständlich machen kann, da immer irgendjemand Schwedisch oder ”Skandinavisch”spricht.
Bei KLM können viele Mitarbeiter Deutsch, und das Englisch unseres Sohnes ist inwischen auch so weit fortgeschritten, dass er sich zumindest einigermaßen verständlich machen kann.
Der Service bei SAS war allerdings bisher nicht so überzeugend (siehe unten), da hat das bei KLM besser funktioniert. Ich muss aber einschränken, dass wir SAS bisher nur einmal für einen solchen Alleinflug gebucht haben.
Welchen Service kann man als unbegleiteter Minderjähriger erwarten?
Wer allein fliegt, muss viel Papierkram beachten
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Auf dem Flug werden die Kinder in der Regel nicht besonders bespaßt oder so, sie bekommen im Prinzip den gleichen Service wie alle anderen Passagiere und alle anderen Kinder, die in Begleitung ihrer Eltern fliegen.
Natürlich kommt es schon vor, dass ein alleinreisendes Kind ab und zu ein wenig Extraservice genießen darf. So ist unser Sohn bisher meist mit einem eigenen Wagen vom Flugzeug abgeholt worden, während die anderen Passagiere mit dem Bus fahren mussten. Auch darf er beim Umsteigen meistens im Terminal mit einem dieser kleinen Elektroautos mitfahren und muss nicht wie wir zu Fuß gehen.
Auf einem seiner Flüge hat man ihn nach dem Start in die Bussinessclass gesetzt, inklusive allem dazugehörenden Service. Und auf seinem letzten Flug neulich nach Deutschland durfte er nach der Landung noch ins Cockpit zu den Piloten und sich dort auch mal ans Steuer setzen. Das sollte man aber nicht unbedingt erwarten. Es hängt sehr vom jeweiligen Personal ab, wieviel Zeit sie haben und vermutlich einfach davon, wie sehr sie Kinder mögen und auf deren Bedürfnisse eingehen können.
Auf vielen größeren Flughäfen gibt es eigene Kinderbereiche mit Filmen, Spielen, Speisen, Getränken usw., so eine Art Kinderlounge. Hat man etwas längere Umsteigezeiten, wird man als unbegleitetes Kind da schon auch mal ”zwischengeparkt”. Ist aber laut unserem Sohn recht kurzweilig.
Ist schon mal etwas schiefgegangen oder habt ihr euch über etwas geärgert?
Im Großen und Ganzen hat bisher immer alles gut geklappt. Allerdings waren wir enttäuscht, dass man unserem Sohn auf dem Flug mit SAS nach Mallorca noch nicht einmal etwas zu trinken angeboten hat (bei SAS bekommt man auf innerskandinavischen und -europäischen Flügen nur Tee und Kaffee umsonst). Zum einen bezahlen wir einen Aufpreis für den Flug und zum anderen hätten wir das von einem skandinavischen Unternehmen wirklich erwartet, zumal der Flug ja immerhin drei Stunden dauerte. Wir haben uns hinterher bei SAS beschwert und man hat sich entschuldigt und unseren Sohn mit einem 20-Euro-Gutschein entschädigt – immerhin.
Wann wird die kleine Schwester allein mit dem Bruder fliegen?
Unsere Tochter würde eigentlich auch gern ohne Eltern nach Deutschland fliegen, aber hat sich das bisher einfach nicht getraut. Wir haben ihr die letzten zwei Male angeboten, zusammen mit dem großen Bruder zu fliegen, aber das war ihr bisher nichts. Sie ist da anscheinend noch nicht so weit, so dass wir einfach abwarten. Kinder sind eben, wie in so vielen anderen Dingen, einfach sehr unterschiedlich.
Das ist wohl ein weiterer Tipp, den wir haben: Es gibt kein festes Alter für so einen Alleinflug ohne Eltern. Man sollte die Kinder da nicht zu sehr beeinflussen und sehr hellhörig sein, wenn man das mit ihnen durchspricht. Wir hoffen natürlich, dass es zum nächsten oder übernächsten Sommer mit einem gemeinsamen Flug der Kinder zu den Großeltern klappen wird, da uns das die Planung von rund 2,5 Monaten Sommerferien vereinfachen würde – aber erzwingen kann man das nicht.
Und zum Schluss die entscheidende Frage: Wie fliegt euer Sohn lieber – allein oder mit euch?
Zum Glück fliegt er immer noch am liebsten mit uns, zumindest noch. Auch wenn er dabei nicht mit einer Extrabehandlung rechnen kann.
Vielen Dank für das Interview, Hartmut!
Wollt ihr mehr über die (gemeinsamen) Reisen von Hartmuts Familie lesen, dann schaut mal auf seinem Blog 4aufeinenstreich vorbei!