Bahnreisen mit KindInterRail-Tour durch Europa mit Kind – ein Versuch

InterRail, das war eigentlich gleichbedeutend mit günstigen Jugendreisen durch Europa. Seit 1998 können auch über 25-Jährige die Bahn-Kombi-Tickets nutzen. Wir haben Stephanie gefragt, ob es sich für sie mit Kind gelohnt hat.

von KidsAway-Redaktion


Mit Kind unterwegs per InterRail - nicht die einfachste Sache © Stephanie / www.freileben.net

Mit Kind unterwegs per InterRail - nicht die einfachste Sache

© Stephanie / www.freileben.net

Stephanie, 34, ist alleinerziehende Mutter eines fünfjährigen Jungen. Bevor ihr Sohn auf die Welt kam, war sie eher der Typ „Pauschaltourist“ und reiste am liebsten ganz gemütlich zum nächsten Sonnenstrand.

Mit der Geburt ihres Sohnes veränderte sich ihr Leben aber grundlegend. Sie wollte jetzt alles kennenlernen und ist nun mit ihrem Kleinen in der Welt unterwegs, so oft es geht. Auf ihrem Blog freileben.net berichtet sie sehr persönlich über ihre ungewöhnlichen Reisen –  in wenigen Tagen machen sich die beiden auf nach China!

FrageAusgerechnet InterRail – wie kommt man als Single mit Kind auf so eine Idee?

Stephanie: Mich hat das freie Reisen gereizt. Ich wollte mich nicht festlegen, ich mag es authentisch und möglichst dicht am Geschehen. InterRail klang nach einem Riesenabenteuer für mich. Hinzu kommt, dass ich eine Vorliebe für kleine Bummelzüge habe. Man lernt dort immer die interessantesten Menschen kennen.

 

Erfahrungsbericht Was ist InterRail?

Mit einem InterRail-Pass kann man – vereinfacht gesagt – für einen pauschalen Preis über einen bestimmten Zeitraum in bestimmten europäischen Eisenbahnnetzen unbegrenzt oft Zug fahren. Dazu genießt man einige Rabatte, zum Beispiel auf den Eurostar nach Großbritannien, für viele Fähren, einige Buslinien oder auch Museen.

Der „InterRail Global Pass“ gilt zum Beispiel für 32 europäische Länder (außer dem Heimatland, hier gibt es aber einen Ticket-Rabatt zwischen 25 und 50 Prozent), der „InterRail One Country Pass“ gilt nur für einzelne Länder.

Achtung: Wer mit so einem Pass reist, muss in den beiliegenden Reisebericht jede durchgeführte Zugfahrt und auch alle vergünstigten Bus- oder Fährfahrten eintragen – und zwar vor dem Start der jeweiligen Fahrt, ansonsten kann das Zugpersonal eine Strafgebühr erheben!

 

FrageWohin hat euch eure Zug-Reise geführt?

Unsere Reise ging durch Frankreich mit einem Halt in Paris und einem ungeplanten Aufenthalt in den französischen Pyrenäen, dann durch Spanien mit Stopps in Irun, San Sebastian und Madrid. Dann fuhren wir mit dem Nachtzug von Irun nach Lissabon, wo wir ganz spontan einfach den Rest unserer Reisezeit verbrachten und uns von dort einen Direkt-Heimflug buchten.

Geplant waren eigentlich noch Barcelona, Lyon und Strasbourg gewesen. Da wir aber eine so tolle Familie in Lissabon kennenlernten und ich mich total in die Stadt verliebt habe, änderten sich die Pläne eben kurzfristig.

 

FrageWie viel Gepäck hattet ihr dabei?

Komfort wird beim InterRailen eher klein geschrieben © Stephanie / www.freileben.net

Komfort wird beim InterRailen eher klein geschrieben

© Stephanie / www.freileben.net

Ich hatte einen großen Rucksack mit 45 Litern auf dem Rücken und eine kleine Tasche, dazu kam noch der Buggy mit. Also alles sehr entspannt. Ich reise immer mit möglichst wenig Gepäck, das erleichtert es mir ungemein, auch allein klarzukommen. Wäsche waschen kann man hervorragend unterwegs, Spielzeug braucht man eigentlich auch nicht viel und an Lesematerial für meinen Sohn bevorzuge ich Pixibücher.

 

FrageHast du die Zugverbindungen vorher alle genau recherchiert und buchen müssen?

Die Zugverbindungen zu recherchieren, ist leider beim InterRailen die größte Herausforderung. Die Deutsche Bahn hat keinen Zugriff auf die Zeitpläne der anderen Zugunternehmen, und Sitzplatzreservierungen können auch nicht immer länderübergreifend getätigt werden.

Mit Kindern rate ich dringend dazu, gleich bei der Ankunft an einem Stopp die Weiterreise zu organisieren und Sitzplätze für den nächsten Zug zu reservieren. Das Streckennetz lässt sich recht gut recherchieren auf den internationalen Webseiten.

 

ErfahrungsberichtUnd was kostet das?

Die Preise für InterRail-Pässe staffeln sich nicht nur nach der Reichweite des Tickets und der Gültigkeitsdauer (zwischen 3 Tagen und einem Monat), sondern auch nach dem Alter des Ticketinhabers: Teenager und Jugendliche bis 25 Jahren zahlen etwa drei Viertel des Fahrpreises.

Wenn ihr als Familie reist, kann jeder von euch bis zu zwei Kinder unter 12 Jahren mit einem kostenlosen Kinderpass mitnehmen – sogar nicht Verwandte können als Begleitperson fungieren. Kinder unter 4 Jahre zahlen generell nichts, müssen dann aber auf eurem Schoß sitzen oder in eurem Bett schlafen.

Für einen Monat „Global Pass“ zahlt ein Erwachsener zum Beispiel aktuell 626,- Euro. Die Preise für die Länderpässe variieren zwischen 132 und 329 Euro (jeweils für acht Tage).

Achtung: Dazu kommen noch Kosten für Sitzplatzreservierungen, einige Schnellzüge verlangen außerdem Preisaufschläge.

 

FrageWas waren eure schönsten Erlebnisse unterwegs?

Da möchte ich gern eines von sehr, sehr vielen hervorheben: Das war ein wirklich langer Aufenthalt in einer schlecht klimatisierten Wartehalle in Irun, bei dem ich aber einer Gruppe von Interrailern lauschte, die schon seit drei Wochen von Ort zu Ort reisten und teils in den Zügen und an Bahnhöfen übernachteten.

Ich mochte dieses Gefühl von einer großen Familie und alle bespaßten rührend meinen Sohn. Generell habe ich auf unser Reise immer viel Zuspruch von den Menschen bekommen, vor allem von den Einheimischen. Das empfand ich als sehr positiv.

 

FrageGab es auch Dinge, die ihr nicht gut fandet?

Oh ja! Unser ungeplanter Stopp in den französischen Pyrenäen um Mitternacht. Auf unserem Zugticket stand nicht drauf, dass wir den Zug hätten wechseln müssen, und die Ansage kam leider ausschließlich auf Französisch. Als ich es realisierte, war es auch schon zu spät. Endstation um Mitternacht.

Den Tränen nahe, versuchte ich dem Schaffner ein paar englische Worte zu entlocken bezüglich Weiterfahrt und Übernachtungsmöglichkeiten. Ein Hotel lag zum Glück nicht weit vom Bahnhof entfernt und der nächste Zug ging dann in aller Frühe. Leider haben wir so unsere Weiterfahrt verpasst, die schon reserviert war, und aufgrund des Wochenendes steckten wir drei Tage fest.

 

FrageWas sollte man beachten, wenn man eine InterRail-Reise mit Kind plant?

Je nachdem, wo es hingeht, ist es leider nicht immer möglich, flexibel zu reisen. Viele Züge sind gerade in den Sommermonaten in der Ferienzeit komplett ausgebucht. Deshalb rate ich dazu, ein wenig im Voraus zu planen und immer ein paar Tage vorher Sitzplätze zu reservieren. Das ist zwar mit zusätzlichen Kosten verbunden, aber es sichert einem die Mitnahme.

Das Kind bzw. die Kinder sollten in jedem Fall reisetauglich sein. Nicht in jedem Zug ist viel Platz zum Toben. Umsteigezeiten können da hervorragend zum Ausgleich genutzt werden.

Auch sollte man an alle Formalitäten wie Reisepässe denken, wenn man Grenzen überqueren will. Auch innerhalb Europas! An der Grenze zu Portugal hielt der Zug mitten in der Nacht und das Grenzpersonal hat alle zur Passkontrolle aufgeweckt, teilweise sehr unsanft.

 

TippZu beachten!

Nach der grundlegenden Umgestaltung des InterRail-Konzepts im Jahr 2007 sieht alles ein wenig anders aus – zwar ist die komplizierte Einteilung in Zonen abgeschafft worden und es gibt jetzt nur noch zwei Pass-Arten, dafür beklagen viele die teilweise massive Preissteigerung (vor allem in osteuropäischen Ländern), durch die InterRail seinen Sinn für junge Budget-Reisende eigentlich verloren hat. Nach wie vor werden aber fast 200.000 Pässe jährlich verkauft.

Das InterRail-Angebot gilt nicht mehr in Marokko und Russland, auch Albanien, die baltischen Staaten, Moldawien und die Ukraine nehmen nicht mehr teil. Außerdem könnt ihr natürlich Länder ohne Eisenbahnnetz nicht mit diesem Ticket besuchen (das sind Andorra, Island, San Marino, der Vatikan und Zypern).

Die Türkei ist hingegen nach wie vor Teil des InterRail-Geltungsbereichs.

 

FrageInterRail wird ja eher mit Jugendreisen assoziiert. Hattest du den Eindruck, dass ihr als „InterRailer“ mit Kind Exoten wart?

Ja, das waren wir auf jeden Fall. Die meisten InterRailer waren zwischen 18 und 25, die unsere Wege kreuzten. Familien haben wir gar keine getroffen, abgesehen von einheimischen Reisenden.

Allerdings überkam mich immer wieder ein Gefühl von Jugendlichkeit, wenn wir gemeinsam mit den anderen InterRailern auf den nächsten Zug warteten und ihren Reisegeschichten lauschten.

 

FrageWürdest du so eine InterRail-Reise mit Kind weiterempfehlen oder selbst noch einmal machen?

Das ist eine schwierige Frage. Vermutlich würde ich persönlich nochmal so eine Reise machen, allerdings dann eher nach Osteuropa, wo es noch nicht so überfüllt ist. Mich hat das Organisieren schon ein wenig gestresst.

Generell würde ich sagen, freies Reisen mit Kind und dem InterRail-Pass ist nicht wirklich leicht und erfordert Ausdauer. Ist man über 25 Jahre alt, wäre es vielleicht ratsam, die Zugverbindungen gleich ohne InterRail zu buchen.

 

TippEin InterRail-Pass kann höchstens drei Monate vor Reiseantritt gebucht werden, das Abreisedatum müsst ihr dabei schon festlegen. Hier könnt ihr eure InterRail-Pässe direkt bestellen.


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