KidsAway-FamilieninterviewElternzeit auf der Panamericana: 27.000 Gründe für eine Auszeit mit Kind
Tim, Steffi und der drei Jahre alte Jonas sind mit einem Campingbus sechs Monate lang durch Südamerika gefahren – 27.000 km. Ein nicht ganz alltäglicher Familienurlaub!
von KidsAway-Redaktion
Jonas ganz groß auf dem Salzsee Salar de Uyuni
© Tim Voges
Tim: Die Ur-Idee stammt von Steffi, die mir diesen Traum sozusagen eingepflanzt hat. Über Jahre ist dann gereift, dass wir das wirklich machen wollen. In der Zwischenzeit haben wir einen Sohn bekommen und so wurden die Besonderheiten des Reisens mit Kind von vornherein berücksichtigt. Beruflich wussten wir zu Anfang auch nicht, wie sich das realisieren lässt, doch dann kam Jonas und damit die Möglichkeit zur Elternzeit.
Hattet ihr vor dieser Mega-Reise schon Erfahrungen mit Campervan-Reisen?
Nein, und wir würden uns auch heute, nach der Reise, nicht als typische Camper bezeichnen. Wir waren mal vier Wochen mit einer Pick-up-Kabine in Alaska und Kanada, als Jonas noch ganz klein war. Das war sozusagen der Test. Mit dem Fahrzeug, das wir für Südamerika gekauft hatten, haben wir ein Wochenende lang alle Funktionen (und die Enge zu dritt) getestet. Das musste reichen, danach wurde es nach Argentinien verschifft.
Aber wir haben uns alle schnell an den wenigen Platz und die Abläufe gewöhnt, niemand hat einen „Bus-Koller“ bekommen.
Kann man so eine Reise wagen, wenn man kein Automechaniker ist?
Tim beim "Reparieren" des Campervans
© Tim Voges
Nichts von allem sollte am Ende nötig sein, wir hatten keine einzige Panne. Das war aber Glück, kleinere oder größere Schäden sind bei einer solchen Tour normal.
Wenn man mit der Einstellung fährt „Es kann sein, dass wir nicht da ankommen, wo wir eigentlich hin wollten“, reist es sich entspannter. Und der Weg ist ja sowieso das Ziel.
Wie sah eure Reiseplanung aus – war alles im Detail vorgeplant oder habt ihr euch treiben lassen?
Wir hatten nichts vorgeplant. Bei sechs Monaten Zeit ist es gerade der Luxus, nichts planen zu müssen. Wir fuhren grob in die Richtung, in die wir wollten und campierten, wenn uns danach war. Entweder ging es dann am nächsten Tag weiter, oder der Platz war so schön (oder wir so faul), dass wir noch blieben. Geplant war lediglich der Start- und Endpunkt Buenos Aires, weil von dort unsere Flüge gingen und unser Bus in der Nähe verschifft wurde.
Einige Highlights in Südamerika wollten wir auf jeden Fall besuchen: die Iguazú-Wasserfälle, die Machu-Picchu-Ruinen oder die Nazca-Linien… aber ohne dafür Zeitpläne aufzustellen.
Wie habt ihr euch auf die Reise mit Kleinkind vorbereitet? Würdet ihr im Nachhinein etwas anders machen?
Spielzeug brauchen Reise-Kinder selten
© Tim Voges
Dazu kommt natürlich eine gute Planung: Wir haben unser „Projekt“ frühzeitig mit der Kinderärztin besprochen, einen Impfplan aufgestellt und eine kindgerechte Notapotheke gepackt.
Gedanken haben wir uns auch über die Spielsachen für Jonas gemacht, wegen des begrenzten Platzes. Diese Gedanken würde ich mir beim nächsten Mal nicht mehr machen, denn wir haben festgestellt: Wenn es draußen jeden Tag aufregende Natur gibt, mit Steinen, die man ins Wasser werfen kann, mit Stöcken zum Lagerfeuer machen, mit Wäldern zum Entdecken und Meer zum Baden, dann brauchen Kinder kaum Spielzeug – die Natur ist der Spielplatz! Wenn es mal regnete, hatten wir Hörbücher und Lego.
Was sollte man über die Panamericana wissen, bevor man losfährt?
Wir sind ja nicht streng „die“ Panamericana gefahren. Diese verläuft auf etwa 25.000 km von Alaska bis Feuerland. Wir waren nur in Südamerika und dort auch nur im südlichen Teil. Ein ganzes Eckchen der Strecke haben wir also ausgelassen. Trotzdem sind wir im südlichen Südamerika 27.000 Kilometer gefahren. Man biegt ja hier und da mal ab, macht Umwege, verfährt sich…
Südamerika mit Kind – ist das empfehlenswert?
Panamericana - ein Traumziel für viele Reisende
© Tim Voges
Aus Zeitgründen waren wir nicht in Ecuador und Kolumbien, dass hätten wir sonst auch gemacht. Die Dschungelregionen von Peru und Brasilien haben wir bewusst ausgelassen, weil es für Kleinkinder keine vernünftige Malaria-Prophylaxe gibt.
Insgesamt ist der Kontinent zehnmal kinderfreundlicher als Europa. Wir kinderunfreundlich es hier ist, merkt man erst, wenn man zurückkommt. An Grenzübergängen oder bei Polizeikontrollen dort wird man mit Kindern oft bevorzugt abgefertigt. Im Bus oder Flugzeug schaut niemand mürrisch, Kinder werden freundlich angesprochen. Im Restaurant ist es selbstverständlich, dass man Teller und Besteck für die Kinder bekommt und diese dann bei den Eltern mitessen. Ohne Kosten. In jedem noch so kleinen Dorf gibt es einen zentralen Platz mit Spielplatz.
… und was kostet das?
Das ist ein sehr weiter Von-bis-Bereich, je nachdem, wie man reist. Die drei Hauptkostenblöcke sind
- Kosten zu Hause: Die kann man minimieren, in dem alles nicht unbedingt Notwendige gekündigt oder pausiert wird. Wir hatten z.B. Zwischenmieter für unsere Wohnung.
- Einmalige Reisekosten: für die Anreise, das Auto, die Verschiffung und die Reisevorbereitung (Impfungen, Ausrüstung usw.). Je nachdem, wie viel man hier investiert, sind den Kosten kaum Grenzen gesetzt. Wir haben uns einen „normalen“ Renault Master mit Pössl Roadmaster L Ausbau gekauft. Nach der Reise haben wir ihn in Deutschland wieder verkauft.
- Laufende Kosten während der Reise: Das sind vor allem Diesel und Lebensmittel. Wir haben ca. 3.500 Liter Diesel verfahren. Die Kraftstoffpreise sind je nach Land zwar sehr unterschiedlich, aber auch nicht mehr so viel niedriger. Wenn man jeden dritten Tag tankt, ist ein Tagesbudget von 100 Euro kein Luxus.
… weiter geht’s auf Seite 2!
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sehr beeindruckend. Und sehr engagiert!