Kindersicherheit beim FliegenUmfrage zur Flugsicherheit: Familien bemängeln Kindersicherheit in Flugzeugen
Kindersicherheit in Flugzeugen und Kinderfreundlichkeit der Airlines sind offenbar zwei unterschiedliche Dinge. Das jedenfalls deuten die Befragungsergebnisse einer aktuellen Umfrage unter fliegenden Eltern an, an der viele KidsAway-Leser im Reiseforum teilgenommen haben.
von KidsAway-Redaktion
Familien wünschen beim Fliegen vor allem eines: Sicherheit für ihre Kinder
© Aleksei Potov - Fotolia.com
In der Befragung wurden die Eltern unter anderem gefragt, wie sicher sie sich beim Fliegen mit ihren Kindern fühlen, welche Rückhaltesysteme sie für die sichere Beförderung ihrer Kinder geeignet finden und welche Systeme sie tatsächlich schon verwendet haben. Außerdem wurde nach der generellen Zufriedenheit mit den Angeboten der Airlines für Familien gefragt. Erfreulich finden wir, dass sich das Bild bei der Kinderfreundlichkeit der Airlines anders darstellt als noch bei unserer KidsAway-Befragung im Sommer 2012. Ende 2013 war etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer zufrieden mit den Angeboten der Airlines für Familien und Kinder.
Die Ergebnisse der Elternbefragung
80 Prozent der Befragten haben im Fragebogen angegeben, schon einmal mit ihrem Kind oder ihren Kindern geflogen zu sein. Dass Flugerfahrungen von Familien dabei sehr unterschiedlich sein können, zeigt der Unterschied zwischen den maximalen Flugzeiten: Während einige Umfrageteilnehmer den längsten absolvierten Flug mit ihrer Familie mit 1,5 Stunden angaben, saßen andere Familien ganze 24 Stunden an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Flieger.
Fast zwei Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ein Kind, nur ein knappes Drittel lebt mit zwei Kindern. Die meisten der befragten Eltern befinden sich noch in der Familiengründungsphase – weiterer Nachwuchs ist hier also recht wahrscheinlich.
Wie sicher fühlen sich Eltern mit Kindern im Flugzeug?
Das Jahr 2013 war ein äußerst gutes für die Luftfahrt – bei steigenden Passagierzahlen geschahen so wenige Flugzeugunglücke wie noch nie, wie der Jahresbericht des deutschen Unfalluntersuchungsbüros JACDEC zeigt. Dies gilt entgegen aller Unkenrufe auch für die Billigflieger, die offenbar nicht an der Sicherheit sparen. Besonders in Europa ist die Zahl der tödlichen Unglücke wie auch der Zwischenfälle ohne Todesopfer so niedrig wie noch nie.
Trotzdem zeigt sich ein Großteil der Befragten mit der Kindersicherheit beim Fliegen unzufrieden oder gar sehr unzufrieden. Etwa ebenso viele halten das Fliegen für Kinder generell für unsicher. Wer daran Schuld hat, scheint eindeutig: Nur die wenigsten Umfrageteilnehmer sind mit den Sicherungsmethoden der Airlines und den Informationen zu einer adäquaten Kindersicherung zufrieden.
Da hilft es nicht, dass alle Airlines auf die EU-Regelungen verweisen, die ihnen eine Verwendung des Loop Belts für Babys angeblich vorschreiben. Tatsächlich sieht die EU-Sicherheitsrichtlinie OPS-1 seit 2008 vor, dass Babys und Kinder im Flugzeug grundsätzlich mit einem „geeigneten Rückhaltesystem“ zu sichern sind – entweder auf dem Schoß ihrer Eltern oder auf einem eigenen Sitz. Für die Schoß-Variante kommt damit nur der Loop Belt in Frage, der vor Einführung dieser EU-Regelung in Deutschland verboten war und es in den USA bis heute ist. Dort sollen Kinder unter zwei Jahren auf dem Schoß ihrer Eltern lediglich festgehalten werden – im Fall von Turbulenzen während des Fluges eine noch gefährlichere Variante, wie Unfallanalysen des TÜV Rheinland zeigen.
Der TÜV fordert daher gemeinsam mit der amerikanischen Flugaufsichtsbehörde FAA seit Jahren, dass Kinder nur auf eigenen Sitzplätzen fliegen dürfen: „ein Kind, ein Sitzplatz“. Die Airlines werben stattdessen mit enormen Rabatten oder ganz kostenloser Beförderung von Babys unter zwei Jahren auf dem Schoß der Eltern. Über die Hälfte der befragten Eltern gaben denn auch an, ihre unter zweijährigen Kinder auf Flugreisen auf dem Schoß gehalten zu haben. Sechs Prozent hatten die Kleinen dabei nicht einmal mit dem Loop-Belt sichern müssen. Zufrieden sind sie damit nicht, wie die Befragungsergebnisse zeigen – aber oft haben Eltern gegenüber verwirrenden Regelungen und mangelnden Hinweisen des Flugpersonals wenig Entscheidungsspielraum.
Nur 14 Prozent der Befragten haben schon einmal einen eigenen Sitzplatz für ihr Kind gebucht und den eigenen Autokindersitz zur sicheren Beförderung ihres Kindes mit ins Flugzeug genommen. Wie alt die Kinder zu diesem Zeitpunkt waren, ist leider nicht erfragt worden. Die Möglichkeit, ein Baby unter zwei Jahren zu einem sehr geringen Preis auf dem Schoß zu befördern, ist für viele Eltern sehr verlockend – gerade in Zeiten knapper Urlaubsbudgets und mit mehreren Kindern.
Wer sich trotzdem dafür entscheidet, einen eigenen Sitzplatz für sein Baby zu buchen und es im Autositz zu sichern, verdient auf jeden Fall Anerkennung. Aber auch Eltern älterer Kinder wird die Entscheidung, einen Autokindersitz mit an Bord zu nehmen, nicht eben nahe gelegt, wie wir weiter unten erläutern.
Autokindersitze können die Flugsicherheit erhöhen – zu einem hohen Preis
Kindersicherung im Flugzeug - so geht es nicht
© Flickr/Sergio Maistrello
Gegen das Mitbringen eines Autokindersitzes sprechen aus Elternsicht mehrere Gründe: Das Mitführen eines solchen Sitzes auf einer Flugreise ist sehr umständlich, da die allermeisten Sitze (besonders die der Gruppe I/II) schlicht nicht zum Herumtragen und häufigen Ein- und Ausbau entwickelt wurden. Den meisten Sitzen fehlen Tragegriffe oder Rollen und das Anschnallen mit den ungewohnten Flugzeug-Beckengurten im knappen Bewegungsbereich der Economy Class macht die Sache nicht einfacher.
Das Fazit der FAA: Für Autos geeignete Kindersitze schneiden im Flugzeug generell nicht zufriedenstellend ab. Kein Wunder: Weder die US-Sicherheitsrichtlinien für Autokindersitze noch die europäische Sicherheitsnorm ECE-R 44 können eingehalten werden, da im Flugzeug einfach völlig andere Bedingungen herrschen und die kleinen Passagiere ganz anderen Belastungen ausgesetzt sind (die Flugzeugsitze sind zum Beispiel anders aufgebaut und gepolstert als Autositze, die Beckengurte sind anders konstruiert als die Gurte im Auto und fixieren den Sitz weniger fest und bei Zwischenfällen in der Luft wirken ganz andere Kräfte als auf der Straße).
Nichtsdestotrotz gelangt eine Analyse des TÜV Rheinland, der zahlreiche weitere Sicherheitsuntersuchungen zusammenfassend analysiert hat, zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von Kindersitzen im Flugzeug immer noch weitaus sicherer ist als die Beförderung von unter Zweijährigen mit Loop Belt auf dem Schoß der Eltern oder als bloßes Anschnallen mit dem Beckengurt von unter Siebenjährigen, die kleiner als 1,25 m sind.
Durch nicht oder ungenügend geschultes Bordpersonal oder falsche Auskünfte im Vorfeld müssen Eltern allerdings immer noch Konfrontationen befürchten, wenn sie einen Autokindersitz an Bord mitbringen – oder es wird ihnen überraschend ganz verweigert. Billigflieger wie Ryanair, die für Kinder unter zwei Jahren keine eigenen Sitzplätze erlauben und das Mitbringen von Kindersitzen komplett verbieten, gehen hier mit schlechtem Beispiel voran.
Der Preis entscheidet?
Viele Familien müssen sparen, auch beim Urlaub – das ist leider Fakt. Ebenso sicher ist jedoch leider auch, dass mehr Sicherheit beim Fliegen wahrscheinlich mit höheren Kosten einhergehen würde; die Airlines verschenken nichts. Zwar erachten fast 100 Prozent der Befragten die Verbesserung der Kindersicherheit bei Flugreisen als unbedingt notwendig, aber nicht alle sind bereit, dafür einen Aufpreis zu zahlen.
Die Antworten auf die Frage, wie viel mehr man bereit wäre, für spezielle Flugzeugkindersitze oder aber für das Mieten von geeigneten Autokindersitzen am Flughafen zu bezahlen, fielen sehr unterschiedlich aus. Viele Befragte zeigten sich bereits mit den bisher angebotenen Preisen für die Beförderung von Kindern nicht zufrieden, obwohl viele Airlines hier großzügige Rabatte anbieten (immerhin haben die Kleinen dann einen Sitzplatz). Hier sind die Meinungen ganz offensichtlich gespalten.
Immerhin scheint es inzwischen fast allen Eltern bewusst zu sein, dass die gängigen Möglichkeiten für die Kindersicherung im Flugzeug mangelhaft sind – unsere Aufklärungsarbeit über die Gefahren von Loop Belts trägt offenbar Früchte.
Fazit
Sicherheit schreiben die Airlines groß - aber nicht für Kinder
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Bisher sind die Airlines an einer Hand abzuzählen, die Familien entgegenkommen: Virgin Air, British Airways und Japan Airlines setzen einen integrierten Flugzeugkindersitz der Firma Recaro ein, Hainan Airlines und Air Mauritius bieten ihren kleinen Passagieren den ihren Flugzeugkindersitz der Hamburger Firma Skykids an. Branchenriese Lufthansa, der bereits 2008 einen „für Passagiere jeden Alters“ geeigneten variablen Flugzeugsitz, den AeroKid, vorstellte, zeigt sich an dessen Einführung nicht interessiert und schiebt Kostengründe vor – während die eigene Flotte fleißig mit neuen Flugzeugen aufgestockt wird.
Eltern sehen diesen Widerspruch durchaus und fühlen sich gleichzeitig zunehmend unbehaglich, wenn sie ihre Kinder ohne geeignetes Sicherungssystem im Flugzeug transportieren – immerhin verschärft die EU zeitgleich die Anforderungen an Autokindersitze, um Kleinkinder bis 15 Monate sicherer als bisher im Straßenverkehr zu befördern, und es wird über die Einführung einer Helmpflicht beim Radfahren diskutiert. Sicherheit am Boden wird großgeschrieben, in der Luft ist sie aber plötzlich zweitrangig?
Wenn sich im Bereich des Fliegens nichts grundlegend ändert und stattdessen nur immer mehr Kosten auf die Passagiere umgelegt werden – wovon Familien mit Kindern besonders betroffen sind -, werden viele Eltern wohl oder übel auf Flugreisen mit kleinen Kindern verzichten.
Wir bedanken uns beim Autor der Studie für die Vorab-Bekanntgabe der statistischen Ergebnisse. Der Autor ist der KidsAway-Redaktion bekannt, möchte aber an dieser Stelle nicht namentlich genannt werden.
habe eine Frage zu diesem Thema. finde dazu im Internet leider nichts…. angenommen man muss die babyschale im Flieger vorwärts nutzen, weil es einfach nicht anders gestattet wird, wie steht es dann um die Sicherheit des Babys? ist es dann am Ende noch unsicherer als auf dem Schoß?
Liebe Theresy, ich bin kein Experte, habe aber folgenden Gedanken: Im Flugzeug sind ja während des Fluges die Turbulenzen die größte Gefahr. Und dabei geht es vor allem steil abwärts, man fliegt geradewegs nach oben aus dem Sitz (habe ich selbst erlebt).
Wie herum das Baby in so einem Fall mit der Babyschale angeschnallt ist, ist eigentlich egal, Hauptsache es wird unten gehalten. Zumindest also während des Fluges wäre es für mich immer noch besser, verkehrtherum angeschnallt zu sein als gar nicht.
Wir haben den Luftikid, ein Flugzeug- und Autokindersitz zum Aufblasen! Man muss nur aufpassen, dass man ihn nicht zu sehr aufpumpt, da er sonst im Flieger platzen würde wegen des Luftdrucks.
Er ist ideal für Flugreisen, weil man dann auch gleich einen Sitz für den Mietwagen hat.
Hallo Anja, danke für den Hinweis. Wann habt ihr den Luftikid denn gekauft? Auf der Website des Herstellers scheint er seit Jahren vergriffen zu sein und wird wohl nicht mehr nachproduziert 🙁
Vielleicht liegt das daran, dass der Luftikid von dem ADAC und der Stiftung Warentest im Jahr 2008 ein „mangelhaft“ (Note 5,4) erhalten hat. Da ging es allerdings um die Nutzung im Auto. Damals wurden ein mangelhafter Seitenaufprallschutz, ein schlechter Gurtverlauf und auch nur ein „ausreichender“ Frontaufprallschutz attestiert. Reguläre Autokindersitze, die die Stiftung Warentest mit „mangelhaft“ beurteilt hat, wurden alle vo anderen Herstellern recht schnell vom Markt genommen oder nachgebessert. Beim Luftikid ist dies aber – soweit ich weiß – nicht passiert. Oder vielleicht doch? Vielleicht heißt „vergriffen“ auch einfach nur „wird nicht mehr produziert und verkauft, auch in Zukunft nicht mehr“.
Und auch noch mal hier:
http://www.tuv.com/de/germanyinfothek/infothek/kindersitze_flugzeug/kindersitze_flugzeug.html
Sicherheit geht IMMER vor. Keiner würde sein kleines Kind im Auto auf den Schoß nehmen, bestraft würde man werden… aber im Flugzeug soll das egal sein.
Klar: Das Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel und es passiert selten etwas. Aber vom Prinzip her wäre diese Logik die selbe, als würde ein Alkoholisierter sagen: Passiert doch nichts.
Unbedingt Video ansehen und dann RICHTIG entscheiden.